Die Segnungen der EU

Warum muss man im russischen Fernsehen erfahren, wie in Österreich mit dem Gas geschummelt wird?

Gazprom hat, so wurde gemeldet, die Gaslieferungen nach Österreich eingestellt. Das stimmt allerdings nicht, denn das Gas fließt weiter nach Österreich, nur dass jetzt Zwischenhändler daran verdienen und es dadurch für die Österreicher teurer wird.

Es wurde gemeldet, Gazprom habe die Gaslieferungen nach Österreich vor etwas über einer Woche eingestellt. Der Grund ist ein Schiedsgerichtsurteil, denn der österreichische Konzern OMV hatte Gazprom verklagt, weil Gazprom über Deutschland nicht die vereinbarte Menge an Gas nach Österreich geliefert hat.

OMV vs. Gazprom

Das stimmt natürlich, nur lag die Schuld ja nicht bei Gazprom, sondern bei den EU-Sanktionen und den Entscheidungen der deutschen Bundesregierung, die Nord Stream 2 nie eingeschaltet und die Wartung von Turbinen zum Gastransport sanktioniert haben. Da Nord Stream mit solchen Turbinen ausgestattet ist, mussten die Gaslieferungen irgendwann ausfallen, weil es keine funktionsfähigen Turbinen mehr gab. Das war im Sommer 2022.

Ein europäisches Schiedsgericht gab OMV nun Recht und OMV informierte Gazprom daraufhin darüber, dass es das gelieferte Gas nicht mehr bezahlen würde, bis die 230 Millionen Euro, die das europäische Gericht OMV zugesprochen hatte, mit neuen Gaslieferungen verrechnet sind.

Daraufhin kündigte Gazprom an, die Gaslieferungen an OMV ab dem 16. November einzustellen, wenn OMV seine Rechnungen nicht bezahlen will. Und so kam es auch und Gazprom stellte die Lieferungen an OMV ein.

Russisches Fernsehen bildet

Aber es gibt ein interessantes Detail, auf das ich in einem Bericht des russischen Fernsehens über die vergangene politische Woche in Europa aufmerksam geworden bin: Das russische Gas fließt nämlich fröhlich weiter zum Knotenpunkt Baumgarten in Österreich, Gazprom hat die Lieferungen also nicht eingeschränkt oder gar eingestellt.

Das konnte ich gar nicht glauben, aber es stimmt, auch in Österreich gab es darüber sehr kleine Meldungen, die aber wohl kaum jemand bemerkt hat. ORF berichtete beispielsweise gut versteckt:

„Auch laut dem täglichen Lagebericht der Austrian Gas Grid Management (AGGM) zeigten gestern die „Mengenanmeldungen der Marktteilnehmer (…) wieder eine nur eine geringe Importeinschränkung in Baumgarten“. Der Fluss nach Österreich sei derzeit reduziert, in die Slowakei fließe über die Ukraine aber ungefähr dieselbe Menge wie zuletzt, ergänzte Lehr gegenüber der APA. „Das heißt, über die Ukraine-Route kommt dasselbe Gas wie noch letzte Woche. Es bleibt aber scheinbar auch ein Teil in der Slowakei“, so Lehr. Naheliegend sei daher, dass slowakische Marktteilnehmer einen Teil der OMV-Mengen übernehmen.“

Der Trick mit dem virtuellen Revers

Das ist sehr verwirrend formuliert, also fragen wir uns mal, was die Aussage, „dass slowakische Marktteilnehmer einen Teil der OMV-Mengen übernehmen“, bedeutet.

Wozu sollten slowakische Firmen das Gas kaufen, das OMV bisher gekauft hat?

Ganz einfach: Um es mit einem Aufschlag weiterzuverkaufen, denn das Gas kommt noch zu alten Bedingungen durch die Ukraine und ist daher billiger als an den europäischen Börsen. Man kann es also mit Gewinn weiterverkaufen.

Und nun wollen wir mal gemeinsam raten, wer das Gas kauft. Genau: OMV kauft das Gas nun nicht mehr von Gazprom, sondern OMV (oder eine andere österreichische Firma) kauft das gleiche Gas nun mit einem Aufpreis bei Zwischenhändlern in der Slowakei. Den Schaden haben die österreichischen Verbraucher, die die Preiserhöhung bezahlen müssen.

Wenn man genau liest, steht das auch genau so in der Meldung des ORF, denn dort heißt es, dass die Gaslieferungen in Baumgarten fast unverändert geblieben sind und auch die Mengen, die von dort in die Slowakei gehen, sind unverändert geblieben. Das bedeutet, dass auch nach Österreich noch immer ungefähr genauso viel Gas von Gazprom kommt, wie zuvor.

Wie das geht? Ganz einfach: Eine slowakische Firma kauft das Gas bei Gazprom und verkauft es sofort nach Österreich weiter. Das russische Gas kommt durch die Ukraine nach Baumgarten und wird direkt ins österreichische Netz eingespeist, anstatt zuerst zum Käufer in die Slowakei und dann zurück nach Österreich zu gehen. Dieser Trick nennt sich virtueller Reverse.

Den Aufschlag, den die slowakische Firma nimmt, bezahlen die Verbraucher in Österreich.

Aber das steht weder in der Meldung vom ORF, noch fanden andere europäische Medien das erwähnenswert. Um das zu erfahren, muss man leider russisches Fernsehen schauen.


Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

25 Antworten

  1. Hihihi… genau sowas hab ich vermutet 🤣
    Man darf jetzt nicht vergessen das die österreichischen Politische Elite sich hinstellen kann und behauptet das sie ja jetzt ganz Sanktion Konform ist und kein Russisches gas mehr kauft da ja jetzt ein anderes Flaggerl drauf ist 🤣🤣
    Ist wie mit den Riesigen Gas Dampfern die ist zwar Russisches Gas Drinnen aber nur solange bis das Schiffchen eine andere Flagge aufzieht dann ist es auf einmal kein Russisches gas mehr und gleichzeitig auch um einiges teurer 🤣

    1. …und behauptet das sie ja jetzt ganz Sanktion Konform ist

      Na wenn das so ist, könnte man doch alles über eine Firma z.B. in der Mongolei abwickeln. Dann beliefert die Mongolei die EU und alle dort sind sanktionskonform aufgestellt.

      Wenn die Mongolen auch noch günstig liefern, könnten sie ihren Marktanteil sogar noch erhöhen.

    2. Die EU-Mitgliedstaaten haben zur Verschleierung der fortgesetzten Einfuhr von russischem Erdgas über Dritt- bzw. Viertländer auch bewusst darauf verzichtet, das einschlägige chemo-technische Verfahren zur Feststellung der geografischen Herkunft desselben anzuwenden.

  2. und der nächste amerikanische Cop: Ein US-Investor will die gesprengte Pileline kaufen.
    Was will er damit? Sie ist billig zu haben (Zwangsvesteigerung), danach wird sie repariert und Deutschland bekommt wieder Gas. Upps: russisches Gas unter US-Flagge, natürlich mit sattem Aufschlag.

    1. @wp007

      Auch wenn ein US-Investor die gesprengte Pipeline kaufen würde, dann könnte er kaum erwarten, dass Russland – als wäre nichts geschehen – das Gas über die Pipeline weiter liefern würde.

      1. Ich hatte den beabsichtigten Kauf schon mal in einem anderen Anti-Spiegel-Artikel erwähnt.-Es handelt sich allerdings um die Gaspipeline Nordstream 2, die ein Trump- Unterstützer kaufen will. Der Finanzier Stephen Lynch beantragte bei der US – Regierung die Erlaubnis, bei einer möglichen Auktion in der Schweiz zuzuschlagen….wie das „Wall Street Journal“ berichtete.-Bei diesen Schmierblättern bin ich allerdings skeptisch.-Hier ist der Artikel dazu: https://www.t-online.de./nachrichten/ausland/internationale-politik/id_100536338/nord-stream-2-trump-unterstuetzer-plant-kauf-von-erdgas-pipeline.html

        1. Ist ja der Hammer. Erst verbietet die Mafia das Geschäft, dann macht sie die Leitung kaputt, dann kauft sie das Objekt billig auf. Und dann … wird sie sich vom deutschen Steuerzahler die Reparatur finanzieren lassen. Wetten? Ich wette, daß es so kommen wird.

          1. Das ist ein ganz hinterhältiges Geschäft, da werden die Amis gut daran verdienen, insbesondere die US-OLIGARCHIE welche über BlackRock das Imperium der US-OLIGARCHIE noch weiter ausbauen wird und mit ehemaligen russischen Pipelines! Und im übrigen haben die USA die Pipelines sabotiert!

    1. Das ist nicht einmal so sicher. Erdgas ist in den USA viel billiger als in Russland, ich glaube es kostet dort sogar nur die Hälfte. Die Frage ist nur, ob man es dafür verkaufen will/muss.

  3. Der Kickl würde das letzte Tafelsilber der Republik verhökern, um Scheine zu scheffeln. Während die Türkisa Nostra Volkspartei einfach jahrzentelange Erfahrung mit solchen Tricks hat. Die ÖMV wird den Teufel tun und auf russische Rohstoffe verzichten . Erstens gibt es gültige Verträge. Welche übrigens Russland einzuhalten pflegt. Was die USA nicht tun. Überdies müsste man das den Aktionären und Politfreunden erklären. In puncto Proporz sowie Postenschacher ist die Volkspartei Weltmeister. De facto und de iura ist der virtuelle Revers vom Röper in seinem Buch Das Ukraine Kartell prima aufgedröselt. Die Frage ist: wie lange will sich die Bevölkerung im deutschsprachigen Raum noch für dumm verkaufen lassen?

  4. Kleine Korrektur am Artikel:

    Wie das geht? Ganz einfach: Eine slowakische Firma kauft das Gas bei Gazprom und verkauft es sofort nach Österreich weiter. Das russische Gas kommt durch die Ukraine nach Baumgarten und wird direkt ins österreichische Netz eingespeist, anstatt zuerst zum Käufer in die Slowakei und dann zurück nach Österreich zu gehen. Dieser Trick nennt sich virtueller Reverse.

    Ich schätze mal, dass das Gas nicht von Östereich in die Slowakai fließt, sondern hier von der Transgas-Pipeline die Rede ist, die von Russland über die Ukraine in die Slowakai fließt, und von dort ggf. nach Österreich.
    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/d7/Major_russian_gas_pipelines_to_europe.png

    Der zitierte Text aus dem ORF redet deshalb auch von:
    „Der Fluss nach Österreich sei derzeit reduziert, in die Slowakei fließe über die Ukraine aber ungefähr dieselbe Menge wie zuletzt, ergänzte Lehr gegenüber der APA.“

    Es ist also kein echter „virtueller Reverse“, sondern hat die Slowakai den Ankauf des Gases aus der Ukraine um genau den Betrag, der bisher für Österreich gedacht war erhöht, und entschied sich dann ungenutztes slowakisches Gas (also russisches Pipeline Gas) an Österreich weiter zu verkaufen… natürlich mit Gewinn.

      1. Das ist ja wunderbar. Aber was ist denn, wenn die Ukraine am 1.1.2025, wie vertraglich vorgesehen, die Röhre absperrt? Auch South Stream hat sicher Kapazitätsgrenzen.

        Ja, dann ist auch diese Strategie der Slovakai bedroht… es sei denn, die NATO Länder einigen sich darauf, dass die Yamal-Südroute aus Belarus immer noch Gas durch die Ukraine leiten wird.

        Die Frage ist also, ob die Ukrainischen Politiker nur deshalb den Durchfluss stoppen wollen, weil sie wirklich die eigenen Gewinne als unwesentlich im Vergleich zum Vorteil Russlands erachten, oder ob man nur kein Gas durch „Drittparteien“ wie Luhansk fließen lassen will.

        Denn dann wäre bspw. der wahre Grund für die Ukrainische Kursk Offensive nicht mal so sehr das Atomkraftwerk gewesen, sondern die Sicherung der Pipeline Grenze… also der Vermeidung, dass die Region Sumy zur autonomen, pro-russischen Provinz wird. Denn dann bräuchte es nach dem Krieg ebenfalls eine internationale Anerkennung aller europäischen Staaten gegenüber dieser Region Sumy, wenn sie weiterhin Gas darüber beziehen möchten.

        Dass der Durchfluss der Jamal Pipeline nach Deutschland gestoppt wurde, lag auch vielmehr an Polen. Diese sahen sich ja durch Nord Stream 2 besonders vom guten Willen Deutschlands abhängig. D.h. der einzige Weg zur Umkehr der Abhängigkeit war die Sprengung von NS2 + die Schließung von Jamal + das Eröffnen einer Baltic Pipeline an Deutschland vorbei. Deshalb war ja auch das „Thank you USA“ weniger gegen Russland, sondern mehr gegen Deutschland gerichtet.

        Um nochmal auf Östereich, die Slovakai und Ungarn zurückzukommen:
        Als Alternative gäbe es dann nur noch, verstärkt auf andere Energieträger zu setzen und mit dem Bau einer Pipeline über Triest (Italien), Slovenien bzw. Kroatien zu beginnen. Dann versteht man auch, warum Kroatien für die EU ein besonders wichtiges Druckmittel ist. Denn nach der Auflösung Jugoslavien kann man darüber über die komplette Adria-Küste (naja, fast) bestimmen.

        Letztlich ist dies ja auch der Grund, warum ich vermute, dass die EU sich letztlich wieder in Subgruppen zerlegen wird. So vermute ich bald wieder eine Art Habsburger Bund wiedererblicken zu können.

  5. Es wird gezockt und abgezockt, daß die Schwarte kracht. – Wie war das noch mal mit dem Gas, welches in Deutschland ankam, wovon ein Teil nach Polen zurückgepumpt wurde ? – Es ist auch eine übliche Masche, zuviel produzierten Strom in Deutschland zum Teil ins Ausland zu verkaufen, um in Deutschland die Preise hochzuhalten. – Auffällig ist, daß mein Gasversorger plötzlich einen 300%igen Aufschlag ab 1.1.2025 will.-Doch Abzocker, die was wollen, kriegen was auf die Bollen.-Dem Raffgeier habe ich heute gekündigt. Holzauge, sei wachsam !-Statt gewollte 35,-Euro, zahle ich zukünftig nur noch 11,75 monatlich beim neuen Anbieter.

  6. Sehr guter Hinweis, Daarin, vielen Dank dafür! Letztendlich ist es nur ein riesen Geschäft für die Mafia und den Preis hat der Endverbraucher zu bezahlen. Ganz egal, ob Gas, Benzin, Öl, Wasser, Rohstoffe etc. Partizipieren tun nur wenige und auch vollkommen unberücksichtigt etwaiger politischer Extremzustände wie z.B. Krieg. Die Energie- und Rohstoffmafia, egal welcher Herkunft, wird sich sicher nicht die Wurst vom Teller ziehen lassen und wird im Zweifelsfall den Endverbaucher, das ist mehr als gewiss, im kurzen Hemd ohne jegliche Rücksichtnahme und ohne Versorgung allein dastehen lassen, anstatt auf Gewinne zu verzichten. Nur eine Verbürgerung, keine Verstaatlichung, kann Abhilfe schaffen.

  7. Eigentlich ist das auch hier im Westen bekannt und wurde in überregionalen Tageszeitungen (FAZ z.B.) thematisiert; aber vielleicht ist der Zugriff auf die aus Russland heraus gesperrt? Ob das Gas für die Ösis tatsächlich teurer wird, ist unklar. Österreich kauft halt jetzt das Gas an der Börse; Russland verkauft es an die Börse (zu relativ niedrigen Preisen). Klar ist, dass Zwischenhändler jetzt verdienen. Möglich ist also auch, dass Russland weniger Geld für das Gas bekommt und die Österreicher ähnlich zahlen.

    Teurer für Ösiland wird es vermutlich ab Januar. Dann läuft der Transitvertrag mit der Ukraine aus, sprich, die Pipeline ist auch physikalisch „dicht“. Dann müssten sie ihr Gas tatsächlich aus anderen Quellen beziehen.

  8. das war ja auch das „Deutsche“ Modell.

    Zahlen BRD für 2021:

    1.673 Mrd. kWh Erdgas-Einfuhr
    769 Mrd. kWh Erdgas-Ausfuhr

    (bei lediglich 90 Mrd kWh Eigenförderung)

    d.h., fast die Hälfte wurde von Uniper und Co. teuer weiterverscherbelt. Auch deswegen damals die Aufregung, nichts ärgert Turbokapitalisten und Spekulanten mehr, als entgehende sichere Gewinne.

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